Aktuelle Probleme – und ein Rechenmodell aus den 1960er Jahren?
Vergibt die Stadt München wertvolle Chancen auf die Förderung neuer U-Bahnlinien, weil die Rentabilität nach einer völlig veralteten Methode berechnet wird?
Die bayerische Staatsregierung hat kürzlich viel Geld für Nahverkehrsprojekte versprochen (400 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren), um Fahrverbote für Diesel-PKW umgehen zu können.
Die Landeshauptstadt hat im Bereich Verkehr riesige Herausforderungen zu bewältigen und plant des-halb große Investitionen in den ÖPNV. Häufig muss dabei eine Entscheidung getroffen werden zwischen dem Bau neuer U-Bahn- oder Trambahnstrecken. Für die Erlangung von Fördermitteln des Bundes ist dabei die sog. Standardisierte Bewertung der Kosten-Nutzen-Untersuchung entscheidend. Eine effiziente Planung und Umsetzung von Verkehrsprojekten setzt voraus, dass die künftige Stadtentwicklung miteinbezogen wird, z.B. kann in einem künftigen, aber noch nicht bebauten Siedlungsgebiet eine U-Bahnstrecke in offener Bauweise günstiger erstellt werden, eine U-Bahn rechnet sich gegenüber einer Trambahn, wenn die Nutzung durch künftige Bewohner einberechnet wird.
Oftmals wird jedoch die Wirtschaftlichkeit und damit die Förderfähigkeit von Projekten verneint, obwohl solche Aspekte nicht miteinbezogen wurden. Die Begründung dieser Entscheidungen ist für die Münchner Bürger leider oft nicht nachvollziehbar, es fehlt hier entscheidend an Transparenz! Ebenso oft wird mit völlig veralteten Zahlen und Fakten argumentiert. Dem Vernehmen nach stammt die Berechnungsformel aus den 1960er Jahren – damals erreichten nahezu alle Projekte einen Rentabilitätswert von über 1,0, weil noch kaum ÖPNV-Strukturen vorhanden waren.
Am Beispiel Freiham – Europas größtes Neubaugebiet! – zeigen sich die Auswirkungen dieser nicht mehr zeitgemäßen Berechnung deutlich.
Hier wurde gleich eine dreifache Chance vergeben:
bei der Schaffung einer U-Bahn-Anbindung Geld zu sparen durch den offenen Bau solange das Gebiet noch nicht bebaut ist, mehr Wohnraum schaffen zu können, da an eine bestehende U-Bahn dichter angebaut werden kann als an eine freizuhaltende Trasse, die Bewohner in ein bereits gut erschlossenes und angebundenes Gebiet ziehen zu lassen.
Wir fragen daher den Oberbürgermeister:
1. Welche Faktoren werden in die Kosten-Nutzen-Untersuchungen von Verkehrsprojekten einbezogen?
2. Wird die absehbare künftige Entwicklung in Siedlungsgebieten berücksichtigt? Wenn nein, warum nicht?
3. Wie alt dürfen die verwendeten Daten maximal sein, um die Plausibilität der Entscheidung nicht zu gefährden?
4. Wer liefert die Daten, wer führt die Berechnungen aus?
5. Bitte geben Sie uns ein konkretes Beispiel einer Kosten-Nutzen-Untersuchung für ein Münchner ÖPNV-Projekt.
6. Wie müssten die Rahmenbedingungen geändert werden, damit bei künftigen Neubaugebieten wie z.B. Englschalking-Daglfing und SEM Nord Debakel wie in Freiham verhindert werden können?
7. Haben die von Ministerpräsident Seehofer in Aussicht gestellten Gelder Auswirkungen, so dass Freiham doch noch eine taugliche ÖPNV-Anbindung bekommen kann?
Initiative: Richard Progl